Der Mann mit dem Pflug
erzählt von Saddhaloka, deutsch von Horst Gunkel
(c) Copyright by Saddhaloka and Horst Gunkel - letzte Änderungen 2007-01-12


Einst weilte der Buddha im Königreich Maghada nahe einer Ortschaft namens Ekanala. Es war die Zeit, die Felder zu bestellen, und der Großgrundbesitzer Kasi Bharadvaja hatte 500 Ochsengespanne und Pflüge und viele Landarbeiter in seinen Diensten. Der Buddha war auf seiner Almosenrunde als der Grundbesitzer mit der Essensausgabe für seine Knechte beschäftigt war. Als er den Buddha mit seiner Bettelschale sah, rief Bharadvaja ihn an.

„Heiliger Mann, ich pflüge und ich säe und wenn ich mit pflügen und säen fertig bin, dann esse ich. Wenn Du, heiliger Mann, auch pflügst und säst, dann bekommst Du auch etwas zu essen!“

Er war offensichtlich bereit einen heiligen Wanderer zu verköstigen, jedoch nur, wenn dieser wie jeder andere ein Tageswerk leistete.

Der Buddha antwortete: „Ich pflüge auch, und ich säe, und wenn ich gepflügt und gesät habe, dann esse ich.“

Der Gutsbesitzer war ein herzlicher Kerl und er genoss sichtlich die Abwechslung. „Ich kann Deine Ochsen nicht sehen, auch nicht Deinen Pflug, Dein Joch und auch nicht den Stab zum Viehtreiben, Meister Gotama, und dennoch erzählst Du uns, dass Du pflügst und säst und isst. Du musst uns jetzt einmal erläutern, welch merkwürdige Art von Bauer Du bist.“

Der Buddha gab inspirierte Worte vor sich, die wie ein Gedicht klangen:

Vertrauen ist die Saat, die ich sähe und Selbstkontrolle ist mein Zaumzeug.
Weisheit ist mein Joch und mein Pflug.
Das Bewusstsein ist meine Deichsel und der Geist mein Seil.
Achtsamkeit ist mein Stab zum Viehtreiben.

Mit Augenmerk auf jede Handlung meines Körpers und meiner Rede,
moderat in dem, was ich esse,
zerstöre ich mit Wahrheit alles Unkraut.

In Ruhe finde ich meine Befreiung.
Energie ist der Ochse im Joch,
der mich zur perfekten Gradlinigkeit führt,
ohne dass ich mich umdrehen muss.

Dies ist die Art des Pflügens, die ich tue,
und die Frucht, die dies bringt, ist Todlosigkeit.
Wer immer auf diese Art pflügt, wird befreit sein von allem, was ihm Leiden verursacht.

Kasi Bharadvaja war beeindruckt und erfreut von dieser Antwort. Er ordnete an, dass eine feine Bronzeschale mit Milchreis gefüllt und dem Buddha gebracht wurde. Der Buddha jedoch verweigerte die Annahme. Ein Buddha singt nicht für eine Mahlzeit, und er nimmt auch keine Bezahlung für die Erklärung der Wahrheit an.

„Nun, wem soll ich dann diese Schale mit Essen geben?" fragte der Gutsbesitzer, denn er wurde allmählich ärgerlich über den Widerstand des heiligen Mannes. Der Buddha entgegnete, es gäbe in der ganzen Welt niemanden außer einem Erleuchteten oder einem seiner Jünger, der in der Lage sei, diese Art von Nahrung zu verdauen. Bharadvaja täte besser daran, dies auf ein unbewachsenes Stück Land oder in ein unbewohntes Gewässer zu werfen. Der Landbesitzer warf den Milchreis höchst ärgerlich in einen mit Wasser gefüllten Graben.

Sobald aber der Reis mit dem Wasser in Kontakt kam, stieg Dampf auf und es begann heftig zu brodeln, gerade so, als habe man eine weißglühende Pflugschar, die jemand den ganzen Tag in der Esse erhitzt habe, in das Wasser getaucht. Der Gutsbesitzer war höchst erschrocken. Er lief zum Buddha, warf sich vor ihm zu Boden und bat ihn, als Schüler angenommen zu werden. Und noch am gleichen Tag ließ Kasi Bharadvaja all seinen Reichtum zurück und wurde zum heimatlosen Wanderer.

Später, als er allein im Wald lebte und mit großem Eifer und Hingabe praktizierte, erreichte er die Erleuchtung.



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Das Blatt (ficus religiosa) im Hintergrund dieser Seite stammt vom Bodhi-Baum aus Anuraddhapura in Sri Lanka. Dieser ist ein direkter Abkömmling des Baumes, unter dem der Buddha seine Erleuchtung hatte.