Horst Gunkel: Die Jesus-Trilogie - Band 2: Jesus - die Jahre 30 - 96 - Kapitel 26                                     letztmals bearbeitet am 02.11.2025

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  26 - Die Vollendung


Und wieder machen wir einen großen Sprung voran, diesmal um 24 Jahre. Der Friedhof – im Gegensatz zur in Bhārat Gaṇarājya sonst üblichen Methode der Einäscherung gibt es in der Metta-Sangha die Erdbestattung – ist inwischen schon recht groß, auch wenn von den tragenden Gestalten unserer Geschichte die meisten Personen noch leben. Seit dem letzten Kapitel sind von diesen lediglich Jagan und Sita verstorben sowie Anup und Javāharlāl. Yuz ist inzwischen 96 Jahre, Amita ist um zehn Jahre jünger und deren Kinder Taracitta, Maria und Mahadevamitta sind um die 60. Die noch als Katriyas geborenen Amandita, Raj, Sunay und Shanti sind alle in den Siebzigern.

Selbst die Enkel von Amita und Yuz, nämlich Karunamitta, Kraunapada, Karunaketu und Karunaratna sind Mitte bis Ende 20 und haben ihrerseits wieder Kinder.

Auch das Dorf war weiter gewachsen, neben dem Alten Gasthof in der Dorfmitte gab es jetzt den Neuen Gasthof dort, wo die Siedler wohnen, inzwischen hatte das Dorf über 700 ständige Einwohner und im Sommerhalbjahr kamen noch einmal 500 Saisoneinwohner dazu. Dies waren meist Angehörige der in den letzten 20 Jahren hinzugekommen neuen Sanghas, die weit verstreut waren und aufgrund des „Botschaftsprojektes” entstanden waren. Diese Sommergäste kamen her, um die Lehre, so wie sie von Yuz und Amita gelehrt wurde, zu erlernen und in ihre Sanghas zu bringen. Man muss allerdings auch sagen, dass bereits drei dieser neuen Sanghas inzwischen eigene Wege gingen und die Kontakte zur „Zentrale”, der Metta-Sangha, aufgegeben hatten.

Die auswärtigen Gäste lebten teilweise in den beiden Männerwohnheimen, im Frauenwohnheim oder auch im neuen Familienheim. Es gab inzwischen auch einige Häuser, die an Gastfamilien vermietet wurden. Außerdem war es so, dass die Sommergäste, soweit sie nicht in den Arbeitsprozess einbezogen waren, zahlende Gäste waren, diese nahmen die Mahlzeiten im Neuen Gasthof ein. Der Steinerne Tempel war inzwischen ebenso fertig wie das neue Ākāśaloka mit drei Etagen. In der oberen Etage waren die Pflegerinnen und Pfleger untergebracht, soweit sie nicht zu Hause wohnten, sowie einige dauerhaft bettlägrige PatientInnen. In der mittleren Etage waren die beweglicheren Einwohner und in der unteren die schwereren Fälle untergebracht, außerdem gab es dort einen Speisesaal mit Außenbereich. Weiterhin war in Ākāśaloka jetzt eine medizinische Praxis, die von Arian geleitet wurde, der auch für Physiotherapie zuständig war, sowie eine Praxis für Dämonen­behandlung, die von Mira, Raj-is Tochter geleitet wurde. Diese Enkelin von Javāharlāl und Urenkelin von Sita hatte sich von klein auf für psychische Probleme interessiert und war von Yuz und Amita, die bekanntlich sehr unter­schiedliche Ansätze der Dämonenbehandlung hatten, in dem Thema ausgebildet worden. Einige Jahre half sie diesen bei Dämonenbehandlungen und war jetzt seit fünf Jahren Dämonenheilerin – man könnte auch sagen: Psychotherapeutin.



Besuchen wir heute einmal den Schulunterricht für die älteren Kinder, also die zwischen neun und zwölf Jahren. Die Lehrerin ist Karunaratna, die 26-jährige Urenkelin von Yuz und Amita. Es geht um das Thema Gewalt.

Die elfjährige Aarany fragt: „Es gibt doch draußen in der Welt Kriege und Räuber, ja?” Karunaratna bestätigt ihr: „Ja, das gibt es, leider.”

Aber was ist, wenn so eine Soldaten- oder Räuberbande hierherkommt und uns überfällt, sollen wir uns da nicht wehren? Die könnten uns doch alle umbringen!”

Ja”, bestätigte Karunaratna, „diese Gefahr besteht leider, hier muss man versuchen klug und in Übereinstimmung mit unseren ethischen Grundsätzen zu handeln.”

Ja, aber wie denn?” insistierte Aarany.

Das ist von Fall zu Fall anders, das kann man nicht generell sagen. Ich kann euch aber erzählen, was einmal wirklich passiert ist.”

Wie denn, hier im Dorf gab es schon mal Krieg?” fragte Sunita.

Naja, wie man es nimmt, man könnte es auch einen bewaffneten Raubüberfall nennen. Solch üble Gesellen, dienen sich mitunter einem Raja als Söldner an, um für ihn in den Krieg zu ziehen, sie sind dann Gehilfen eines Kṣatriya. Wenn sie damit aber keinen Erfolg haben, also dort nicht als Kriegsgehilfen unterkommen können oder nicht mehr gebraucht werden, beginnen sie manchmal auf eigene Verantwortung zu rauben, zu brandschatzen und zu vergewaltigen. Und da unser Dorf ein recht wohlhabender Ort ist, auch wenn hier nicht so reiche Leute leben wie in den Städten, wo wenige ganz Reiche und fruchtbar viele ganz, ganz arme Menschen sind, so ist doch auch unser Ort vor etwa 20 Jahren Opfer eines solchen Angriffs geworden von einer Bande von acht ganz üblen Männern.”

Was haben die üblen Männer denn gemacht?” wollte Sunita wissen.

Sie sind mit Pferden gekommen und haben als erstes eine Scheune in Brand gesetzt, dann sind sie in Häuser eingedrungen und haben nach Schätzen gesucht, wurden aber nicht fündig. Es waren wirklich äußerst üble Gesellen, sie haben auch angefangen, Frauen und Mädchen zu vergewaltigen.”

Und unsere Leute haben sich nicht gewehrt?” fragte jetzt Gandari.

Einer von unseren Männern wollte seiner Frau zu Hilfe kommen, aber da hat einer der Vergewaltiger ihn mit einem Messer niedergestochen.”

War der dann tot?” wollte Gandari wissen.

Nein, aber er war schwer verletzt, er wurde in Ākāśaloka verarztet und konnte drei Wochen später wieder arbeiten.”

Aber was hat denn Yuz gemacht, der weiß doch sonst immer, was zu tun ist?”

Karunaratna nickte: „Der hat zunächst einmal geguckt, wer wohl der Hauptmann von den Kerlen ist, dann ist er zu ihm und hat gesagt: `Ja, es gibt einen Schatz, aber ihr werdet ihn nie finden. Ich kann ihn dir allerdings geben, aber nur, wenn du deine Leute dazu bringst aufzuhören mit der Brandschatzung und den Vergewaltigungen. Mich zu foltern bringt übrigens gar nichts, denn ich bin ein Fakir, der keine Schmerzen empfindet. Aber ich kann dir den Schatz freiwillig geben. Du versprichst jetzt sofort jedem deiner Leute drei Goldstücke, wenn sie aufhören. Der Räuberhaupt­mann überlegte einen Augenblick, dann hielt er Amita ein Messer an den Hals und sagte: `Deine Frau ist tot, wenn du das Geld nicht herausgibst.´ Dann hat Yuz ihn so angesehen, wie nur Yuz in solchen Fällen gucken kann, und hat gesagt: `Du bist stocksteif!´ Daraufhin konnte der Räuberhaupt­mann sich nicht mehr bewegen.

Yuz befreite Amita aus seinem Griff und grub den Schatz aus, den er vorsichtshalber mit Zustimmung des Rates hinter seinem Haus vergraben hatte. Er sagte zu dem immer noch steifen, unbeweglichen Räuberhauptmann: `Du hast zwei Möglich­keiten, entweder du sagst deinen Räubern jetzt, dass sie abziehen sollen und dass du jedem von ihnen fünf Silbermünzen geben wirst, oder ich sage: `Du bis tot.´

Und da der Räuberhauptmann ja schon gesehen hatte, dass Yuz ihn mit dem Spruch, dass er stocksteif sei, verzaubert hatte, bekam er mächtig Angst und tat wie ihm befohlen. Die anderen Räuber rückten also ab, blieben aber dort oben auf der Höhe stehen, um sich zu beraten. Yuz gab dem Oberräuber heimlich das Säckchen mit dem Gold, das dieser unter seinem Wams versteckte, und dann das andere Säckchen, das mit dem Silber in so einer Weise, dass dies die anderen Räuber sahen.”

Und dann, wie ging´s denn dann weiter?” drängte Sunita.

Der Hauptmann ging zu den anderen üblen Gesellen, und gab jedem fünf Silbermünzen, dann ritten sie davon. Yuz aber war sich sicher, dass es unter ihnen Streit geben würde, denn er wusste ja, wie gierig, hasserfüllt und verblendet solche Kerle sind. Außerdem war ihm klar, dass sie die Absicht hatten, es sich mit den erbeuteten Münzen in den Bordellen und Schänken der nächsten Stadt, also im Kazal, gut gehen zu lassen, also schickte er einen unserer Männer, der die Räuber alle gesehen hatte und der ein ausgezeichnetes Personengedächtnis hat, zu Pferde zum Regenten in die Stadt, um diesem mitzuteilen, wie die Räuber aussehen und dass sie mit einem Gold- und Silberschatz in den Bordellen zu finden seien.”

Hat man sie dort gefunden?”

Zwei von ihnen hat man dort in der Tat gefunden, die anderen fand unser Reiter auf seinem Rückweg hierher niedergemetzelt und tot. Offensichtlich hatte es Streit gegeben, weil sie vermuteten, dass ihr Hauptmann ihnen nur einen Teil der Beute gegeben hatte. So töteten sie wohl zuerst den Hauptmann, dann machten sie den Rest unter sich aus. Zwei dieser üblen Burschen überlebten und kamen in die Stadt, wo sie festgenommen wurden, sie wurdem dem Regenten vorgeführt und er verurteilte sie zum Tode, sie wurden noch selbigen Tages hingerichtet.”

Und der Goldschatz?”

Der Regent hat angeblich den ganzen verbliebenen Schatz an Yuz zurückgegeben: elf Goldstücke und 17 Silbermünzen.”

Mehr nicht?”

Nein, vielleicht hat er auch etwas für sich behalten, oder seine Soldaten, die die beiden Räuber verhafteten. - Ach Kinder, da draußen geht gerade Yuz, soll ich ihn hereinrufen, dann könnt ihr ihn selbst befragen?”

Aus vielen Kehlen rief es „Ja!” Daher ging Karunaratna zur Tür und rief: „Yuz, wir haben gerade die Sache mit den Räubern damals besprochen, kannst du den Kindern ein paar Fragen beantworten?” Yuz nickte und kam in die Schulklasse.

Na, da hatten wir aber Glück, dass der Held unserer Geschichte gerade vorbeikam, Kinder, bitte stellt ihm eure Fragen!”

Sunita: „Yuz, glaubst du der Regent hat einen Teil des Schatzes für sich behalten?”

Yuz: „Man sollte niemals jemandem etwas Böses unterstellen.”

Sunita: „Aber das wäre doch gemein!”

Yuz: „Ich vertraue aufs Karma-Gesetz. Handlungen haben Folgen, sie haben Folgen für andere, aber auch für den Täter sebst. Keiner der Räuber hat zum Beispiel überlebt, das ist eindeutig. Sie waren gierig und grausam, und als Folge ihrer gierigen und grausamen Taten sind sie alsbald jämmerlich und grausam umgekommen.”

Gandari: „Als du denen das Gold gegeben hast, wusstest du da, dass die sich gegenseitig umbringen?”

Yuz: „Ich wusste, dass es das Karma-Gesetz gibt. Wie es im einzelnen wirkt, kann niemand voraussagen, denn da kommen viele Ursachen und Bedingungen zusammen, aber dass es wirkt, daran habe ich keinen Moment gezweifelt.”

Aarany: „Das Ganze hätte aber nicht funktioniert, wenn du den Räuberhauptmann nicht ganz stocksteif gemacht hättest. Das kann aber normalerweise keiner. Dann kann also nur ein Zauberer so handeln wie du. Und das wiederum bedeutet, dass man sich anders verteidigen muss.”

Yuz: „Das ist zwar ein logischer Schluss, den du da ziehst, er geht aber von einer falschen Annahme aus. Ich bin kein Zauberer. Ich bin ein spirituell Praktizierender. Als Nebeneffekt von spirituellen Fortschritten treten unter anderem paranormale Fähigkeiten auf. So war das bei Amita, so war das bei mir und bei ganz vielen anderen auch, es war auch schon so beim Buddha und seinen Jüngern. Fähigkeiten, die man hat, kann man nutzen. Ich hätte den Hauptmann auch mit meinen spirituellen Fähigkeiten töten können. Das wäre aber Unrecht gewesen. Es wäre der Versuch gewesen, selbst Vollstrecker des Karma-Gesetzes zu sein. Das wollte ich nicht, das wäre eine Anmaßung gewesen, die mir nicht zusteht. Nicht ich habe gerichtet, die Realität hat gerichtet. Das Karma-Gesetz ist die Realität.”

Manju: „Du bist schon sehr alt. Darfst du so lange leben wegen des Karma-Gesetzes und kannst du beliebig alt werden?”

Jetzt schüttelte Yuz den Kopf: „In einem Punkt hast du recht, ich bin schon sehr alt. Aber kein Mensch kann beliebig alt werden. Warum sollte er auch? Das wäre ja Gier nach Leben, das wäre Anhaftung daran, einen Körper zu haben, diesen Körper zu haben. Ich kann loslassen. Du wirst sehen, das ich schon sehr bald sterben werde. Aber es gibt sowieso kein festes Ich, ein Ich das immer bleibt oder wiedergeboren wird. `Ich´ bin nicht der kleine Junge, der vor 90 Jahren mit anderen Kindern in der Lehmgrube und auf dem Hausdach gespielt hat. `Ich´ bin nicht mehr derjenige, der jähzornig wurde, und deshalb aus einem Kloster geworfen wurde. `Ich´ bin auch nicht mehr derjenige, der beim Kloster Weiße Wolke ein junges Mädchen traf, kaum älter als ihr. Sie hieß Amita und ist die Urgroßmutter eurer Lehrerin. `Ich´ bin nicht mehr derjenige, der in Galiläa zum Tode am Kreuz verurteilt wurde. Und auch nicht mehr derjenige, der einen Dämonen aus Sita vertrieb. Wir alle entwickeln uns, ob zum Heilsamen oder zum Unheilsamen, das haben wir selbst in der Hand. Und wir sollten wissen: Es gibt das Karma-Gesetz, es wirkt. Was es aber nicht gibt, ist ein festes Ich: jeder und jede von euch wird sich entwickeln. Aber in welche Richtung ihr euch entwickelt, habt ihr zum Teil selbst in der Hand. Zum Teil liegt es aber auch an eurem Umfeld. Hier in der Metta-Sangha habt ihr ein optimales Umfeld. Nutzt das!” sprach Yuz, verbeugte sich und ging wieder.

Was ein Mann!”, sagte Aarany, „Ich bin froh, dass ich den noch erlebt habe!”


Diese Zeit war in der Metta-Sangha geprägt von der Vorbereitung auf eine große Festveranstaltung, die im Steinernen Tempel stattfinden sollte, die Zeremonie der Schreinweihung.

Neben dem provisorischen Schrein, der seit der Fertigstellung des Steinernen Tempels genutzt wurde, und an der Seite stand, war daher eine Art zweiter Schrein aufgebaut worden, ein steinerner Quader, sieben Fuß lang, drei Fuß breit und vier Fuß hoch. Damit er überhaupt transportiert werden konnte, war er innen hohl und oben mit einer Steinplatte abgedeckt, darüber lag eine kostbare Brokatdecke. Dieser Schrein stand auf einer Art Podest, das den ganzen vorderen Teil des Tempels erhöhte, dort nämlich, wo der oder die Predigende stand und auch die Musiker/innen. Man könnte diese Podest auch als Bühne bezeichnen, nur nicht ganz so hoch wie heutzutage eine Theaterbühne, sondern nur drei Treppenstufen hoch.

Auf der sollte in der Festveranstaltung eine neue Rūpa aufgestellt und geweiht werden. Auf dem provisorischen Schrein standen zwei Figuren, eine stellte Abba da, die Hand in der Geste der Furchtlosigkeit erhoben, die andere die Grüne Tara. Die Rūpa von Akshobya schmückte weiterhin den Schrein im Großen Tempel, der noch immer so hieß, obwohl er deutlich kleiner war als der Steinerne Tempel. Die neue Rūpa war bei Yuvas Holzwerkstatt bestellt worden. Yuva hatte inzwischen drei weitere Leute eingestellt, die Rūpas herstellten, meist kleinere für den Verkauf an die Leute, die zu den neuen Sanghas gehörten. An den großen neuen Rūpa arbeitete Yuva meist allein, lediglich für Hilfstätigkeiten, wie das Polieren des Holzes, griff sie auf einen Mitarbeiter zurück.

Der Feiertag rückte näher und das ganze Dorf wurde besonders herausgeputzt und selbst der sonst so feststehende Tagesablauf war an diesem besonderen Uposatha anders. Am Morgen dieses Tages versammelten sich die Leute zur Morgenandacht außerhalb des Großen Tempels, anschließend ging es zum gemeinsamen Morgenmahl in die beiden Gasthöfe. Zur vierten Stunde begann dann die große Feier im Steinenen Tempel. Ein weiteres Mahl sollte nach Ende der Veranstaltung eingenommen werden, aber man ging davon aus, dass die Festveranstaltung bestimmt drei bis vier Stunden dauern sollte.

Es war die größte Feier, die jemals in der Metta-Sangha stattgefunden hatte. Der festlich geschmückte steinerne Tempel füllte sich, es kamen alle, nicht nur die Mitglieder der Metta-Sangha, sondern auch die sog. Sommergäste, ja sogar die Bewohner/innen von Ākāśaloka waren fast vollständig anwesend, nur die nicht transportfähigen Patienten und zwei Sanitäter als Notdienst blieben dort. Aber auch die Belegschaft der beiden Gasthöfe war erschienen.

Zunächst wurde gemeinsam ein Lied angestimmt, danach gab es eine kurze Meditation gefolgt von einer Neukomposition des greisen Kalenian, vorgetragen vom Orchester der Metta-Sangha und dem Mudita-Chor.

Dann traten Yuz und Amita gemeinsam auf die Bühne, wie das auch allgemein erwartet wurde. Sie gingen aufeinander zu, blieben aber in etwa fünf Schritt Abstand voneinander stehen.

Ich freue mich, dich zu sehen!” sagte Yuz.

Mich? Was meinst du? Was siehst du denn wirklich?”

Was ich sehe? Ich sehe eine Rūpa, einen Körper, eine Form. Ich sehe eine Form, die ich seit 70 Jahren kenne, die zwar gealtert ist, aber in meinen Augen noch immer wunderschön aussieht. Eine Form, zu der ich mich hingezogen fühle.”

Yuz, fühlst du dich nur der Form wegen angezogen?”

Nein, natürlich nicht! Schon bei unseren ersten Begegnungen vor 70 Jahren beim Kloster Weiße Wolke – du warst damals mit deinem Bruder Nilay, der heute auch unter uns ist, da – schon damals hat mich ein klarer Verstand, ein wacher Geist, ein sich wunderbar entwickelndes Bewusstsein überrascht und erfreut. Dieses herrliche Bewusstsein, verbunden mit diesem wunderschönen Körper habe ich seitdem immer verbunden mit einem Wort, das in meinen Ohren einen bezaubernden Klang hat. Das Wort `Amita´.”

Amita wendet sich jetzt dem Auditorium zu: „Yuz sagt, das, was er an einem Wesen, das er `Amita´ nennt, bewundert, sind ein Körper, eine Rūpa, die er mit `Amita´ anspricht, und ein Viññāna das er in diesem Körper erkannt hat. Allerdings haben sich beide in diesen 70 Jahren weiterentwickelt. Mein Bewusstsein ist klarer geworden, mein Körper faltiger. Wenn ich diese Amita betrachte, dann erkenne ich da eine Menge an Empfindungen. Manche dieser Empfindungen sind negativ. Eine negative Empfindung hatte ich beispielsweise als mein 12-jähriger Sohn Nilay die Metta-Sangha verließ, um in die Welt zu ziehen. Und eine äußerst positive Empfindung hatte ich, als er 20 Jahre später als Mahadevamitta zurückkehrte. Manche Empfindungen sind auch weder negativ noch positiv. Wenn ich merke, dass ich langsamer gehe als früher, ist da so ein leichtes Gefühl von `schade´ drin, aber auch ein Gefühl von Dankbarkeit, dass es so ist, denn es bestätigt, dass alles und jedes vergänglich ist, es bestätigt damit den Dharma. Aber um etwas empfinden zu können, muss ich es erst wahrnehmen. Ich kann mein Alter wahrnehmen, wenn ich mich nach der Meditation schwertue, wieder aufzustehen, oder wenn ich die Falten auf meinem Handrücken sehe.”

Yuz übernimmt wieder: „Ja, es stimmt, eine Person, in diesem Fall Amita, besteht nicht nur aus Körper, aus Rūpa, und aus Viññāna aus Bewusstsein. Sie besteht außerdem aus Vedanā, aus Empfindungen, und aus Saññā, aus Wahrnehmung. Ich behaupte sogar, es gibt noch etwas ganz Entscheidendes an Amita, etwas, das ich an ihr immer bewundert habe: Saṅkhāra. Saṅkhāra ist der Wunsch oder die Absicht, etwas, das man als positiv ansieht, zu bekommen, zu erreichen, zu entwickeln oder zu gestalten. Saṅkhāra, den Willen zu gestalten, haben wir zum Beispiel, wenn wir uns in der Metta Bhāvanā hinsetzen, um Metta in uns aufsteigen zu lassen. Amita hat ihren Gestaltungswillen, ihre Saṅkhāra, in großartiger Weise ausgelebt, als sie hier die Metta-Sangha aufgebaut hat.”

Halt mein Lieber”, intervenierte jetzt Amita, „die Metta-Sangha ist kein Amita-Projekt, da steckt mindestens genauso viel Yuz drin – und das Engagement, die Saṅkhāras, ganz vieler anderer Menschen. Die Metta-Sangha ist erwachsen aus der Tatkraft und den Saṅkhāras von ganz vielen, auch von einigen, die nicht mehr leben, stellvertretend für die alle möchte ich Jagan nennen, der all seinen Privatbesitz aufgegeben hat, dem das ganze Dorf hier gehörte. Wir alle haben die Metta-Sangha geschaffen, dank unserer Saṅkhāras.

Jetzt adressierte Yuz wieder das Publikum: „Liebe Mitglieder der Metta-Sangha, liebe Freundinnen und Freunde der Metta-Sangha. Das, was wir euch vermitteln wollen, ist, dass es in jedem Menschen diese fünf Anhäufungen gibt:

1. Rūpa, das ist alles was mit Körper zu tun hat: Arm, Bein, Knochen, Blut, Nieren, Schleim, Rotz usw.
2. Vedanā, Empfindungen, das ist alles, das wir als positiv, negativ oder neutral empfinden
3. Saññā, Wahrnehmung, das ist alles, was wir aufgrund von Sehen, Hören, Tasten, Riechen, Schmecken, Denken oder einer Kombination aus diesen sechs Sinnen wahrnehmen
4.Saṅkhāras, das sind unsere Wünsche, Befürchtungen, Tatsbsichten und Motive und
5. Viññāna unsere Gedanken, unser Bewusstsein unser Geist.

Daraus bestehen wir – und aus sonst nichts. Alles, was in uns ist, können wir einer dieser fünf Gruppen zuordnen. Was es aber nicht gibt, ist so etwas wie ein `Ich´ oder ein `Selbst´ oder eine `Seele´. Das klingt für viele von euch schockierend oder auch absurd. Darum empfehle ich euch: sucht nach einem `Ich´ oder `Selbst´ oder einer `Seele´, ihr werdet sie weder in diesen fünf Gruppen finden noch außerhalb. So etwas wie einen feststehenden unveränderlichen Wesenskern gibt es nicht. Nur Veränderung. Das ist meine Bitte an euch: Sucht dieses `Ich´ oder `Selbst´ oder `Seele´ und findet es nicht! Wenn ihr glaubt es gefunden zu haben, dann sprecht mit einem oder einer spirituell weiterentwickelten Person, denn dann habt ihr euch verrannt. Nur wer endgültig begriffen hat, wer es erfahren hat, dass es kein `Ich´, keine Seele gibt, der kann vollkommen werden, nur der kann erwachen, kann erleuchtet sein.”

Amita ergänzte: „Und nur diejenige oder derjenige kann vollkommen selbstlos handeln. Das ist das Ziel allen spirituellen Strebens. Einige von uns sind da schon nah dran. Wer vollkommen ist, dessen Bewusstsein ist frei, der ist erlöst vom Wiedererscheinen in diesen sechs Welten, die das Lebensrad darstellt.”

Wie immer nach diesen Vorträgen konnten Fragen gestellt werden. Einer fragte: „Heißt das: ich werde wiedergeboren, solange ich das nicht begriffen habe?”

Amita schüttelte den Kopf: „Nein, da es kein Ich gibt, kann es auch nicht wiedergeboren werden. Was es aber gibt sind Gier, Hass und Verblendung, die alle in den unerleuchteten Menschen drin sind, und es gibt Karma, das diese sich gemacht haben. Was entstanden ist verschwindet nicht einfach, das wirkt weiter.”

Eine Frau fragte: „Und wenn jemand Gier, Hass und Verblendung völlig überwunden hat und auch wirklich erkannt hat, dass da kein `Ich´ ist, der kann nicht wiedergeboren werden?”

Yuz antwortete: „Was nicht ist, kann nicht wiedererscheinen, sonst würde ja etwas aus einem Nichts entstehen.

Ein kleines Mädchen fragte: „Und ihr beiden, Yuz und Amita, ihr seid die vollkommensten Wesen, die ich mir vorstellen kann, was wird aus euch wenn ihr sterbt?”

Amita lächelte: „Etwas aus dem, was du Amita nennst, wird weiterbestehen, ich habe es nämlich nicht überwunden, nämlich Metta, Liebe zu allen fühlenden Wesen und aktives Mitgefühl, jedem Wesen zu dienen. Das wid weiter existieren, aber das bin dann nicht ich, das ist dann Teil der Kraft, die wir als die Grüne Tara bezeichnen.”

Woraufhin ein anderer Junge fragte: „Ist das bei dir auch so, Yuz?”

Der nickte: „Bei mir ist es ganz ähnlich. Da ich mich mehr mit Abba identifiziere, der für mich der Geber von Furchtlosigekeit ist, wird daraus Teil einer Kraft werden, die genau dafür steht. Man kann sie als Abba bezeichnen oder als Amoghasiddhi. Der Name ist egal. Wir haben die beiden Kräfte, deren Teil Amita und ich sein werden ja hier auf dem kleinen Schrein dargestellt, es sind diese beiden grünen Figuren.”

Ein junger Mann meldete sich: „Und was ist dann mit dieser neuen Figur, die Juva hergestellt hat, und die hier auf dem Schrein aufgestellt werden soll? Ich habe sie gesehen, sie steht seit ein paar Tagen im alten Tempel, sie ist ganz rot.”

Yuz hatte schon auf diese Frage gewartet: „Diese Figur ist rot wie die Liebe. Sie stellt aber nicht die romantische Liebe dar und schon gar nicht die erotische Liebe, sondern die reine selbstlose Liebe zu allen fühlenden Wesen. Sie steht für Metta. Wir sind die Metta-Sangha, und was liegt da näher, als dass eine Figur auf dem Schrein steht, die Metta ausdrückt. Wir üben hier ganz oft die Metta Bhāvanā, die höchste Form von Liebe, die ein Mensch üben kann. Und wir verehren hier das Transzendente, das Göttliche. Diese Figur steht für göttliches Metta. Wir können auch über diese Figur meditieren, wenn wir geübt genug sind, auch mit dieser Figur kommunizieren und wenn wir noch nicht ganz so geübt sind, zu ihr beten. Wenn ein unvollkommener Mensch zu etwas Göttlichem betet, kann dieses Göttliche sein Metta senden. Göttliches Metta ist Gnade. Diese Figur symbolisiert den Gnadenaspekt des Göttlichen. Ich nenne ihn Amitābha. Amitābha wird künftig hier auf diesem Schrein stehen. Ihr könnt ihn verehren, ihr könnt zu ihm beten, ihr könnt über ihn meditieren – vielleicht gelingt es euch sogar, mit ihm zu kommunizieren.”

Amita hatte ihm sehr genau zugehört, denn zwar war der Dialog über die fünf Bestandteile des Menschen, den Körper, die Empfindungen, die Wahrnehmung, die Gestaltungskräfte und das Bewusstsein abgesprochen. Die Betrachtung darüber war etwas ganz Entscheidendes für die Überwindung des Ego, der Buddha selbst hatte sie gelehrt und sie wurde in Nonnen- und Mönchsklöstern praktiziert, aber zu Amitābha hatte er vorher nichts gesagt. Auch ihren Fragen zu dieser neuen Rūpa, die er bei Yuva in Auftrag gegeben hatte, hatte er ihr nur ausweichend geantwortet. Amita schien sich jetzt sicher zu sein, was er damit bezweckte, aber sie war doch ein wenig traurig, dass er mit ihr darüber nicht gesporchen hatte.

Inzwischen ging die Veranstaltung weiter. Es folgte wieder eine musikalische Darbietung und dann der Gesang des Metta-Sutta.

Wem klar geworden, dass der Friede des Lebens

Das Ziel aller Wesen ist,

Der bemühe sich um folgende Gesinnung:

Er sei stark, aufrecht und gewissenhaft,

Freundlich, sanft und ohne Stolz

Genügsam sei er, leicht befriedigt, nicht viel geschäftig und bedürfnislos.

Die Sinne still, klar der Verstand,

Nicht dreist, nicht gierig sei sein Verhalten,

Wofür ihn andere, Verständige, tadeln könnten.


Mögen alle Wesen glücklich sein und Frieden finden:

Was es auch an Lebewesen gibt,

Ob stark, ob schwach,

Ob groß, ob klein,

Ob sichtbar oder unsichtbar,

Fern oder nah,

Ob sie geboren sind oder einer Geburt zustreben:

Mögen sie alle glücklich und sicher sein!

Niemand betrüge oder verachte einen anderen,

Aus Ärger oder Missgunst wünsche man Keinem irgendwelches Unheil.

Wie eine Mutter mit ihrem Leben

Ihr einzig Kind beschützt und hütet,

So möge man für alle Wesen und die ganze Welt

Ein unbegrenzt-gütiges Gemüt erwecken.

Ohne Hass, ohne Feindschaft,

Ohne Beschränkung

Nach oben, nach unten, nach allen Seiten –

Im Gehen oder Stehen, Sitzen oder Liegen

Entfalte man eifrig diese Gesinnung!

Das nennt man „Göttliches Verweilen„.

Wer sich nicht an Meinungen verliert,

Tugend und Einsicht gewinnt,

Dem Sinnengenuss nicht verhaftet ist,

Der wahrlich geht nicht wieder

Einer neuen Geburt entgegen.

Anschließend folgte die Meditation der Metta Bhāvanā. Aber schon während des Endes der Rezitation war Yuz zum Schrein gegangen und hatte sich auf ein auf dem Schrein liegendes Kissen gesetzt, wobei er vorsichtig darauf achtete keines der sechs Öllämpchen, die rotes Licht ausstrahlten, zu berühren. Während der letzten Zeile des Gesanges hatte er, nun auf dem Schrein in Meditationshaltung sitzend, die Augen geschlossen.

Yuva schlug den Gong zum Beginn der Metta Bhāvanā und sagte an: „Phase 1, Metta für die eigene Person.” Es folgten - jeweils nach dem achten Teil einer Stunde - die nächsten Stufen: (2) Metta für einen guten Freund oder eine gute Freundin, (3) Metta für eine neutrale Person, (4) Metta für eine schwierige Person (Feind) und (5) sukzessive Ausweitung des Metta auf alle fühlenden Wessen. Schließlich schlug Yuva den Gong dreimal um das Ende der Meditation anzuzeigen.

Allmählich öffneten die Meditierenden die Augen. Nun ist es üblich, dass der oder die Leitende sich erhebt. Yuva hatte die Meditation zwar formal geleitet, allerdings hatte Yuz mit seiner Schreinbesteigung einen besondere Akzent gesetzt, und der saß noch immer mit geschlossenen Augen und versteinerter Miene auf dem Schrein. Das Licht der roten Öllämpchen ließ Yuz rot erscheinen - rot wie Amitābha. Yuva blickte ängstlich zu Amita, die nickte ihr zu. Darauf hin begann Yuva, die Abschlussmantren einzuleiten. Nach den üblichen Mantren hatte Yuva für den Abschluss das Amitābha-Mantra aus gewählt:

OM AMIDEVA HRIH

OM AMIDEVA HRIH

OM AMIDEVA HRIH1

und schließlich der immer leiser werdende Friedensgruß

OM ŚANTIŚANTI - ŚANTI

 

Es folgten zwei Minuten der Stille. Dann stand Amita auf ging zu Yuva und flüsterte ihr etwas zu. Die nickte. Amita verließ den Raum, sie ging runter zum See und setzte sich dorthin, es dämmerte inzwischen.2

Im Steinernen Tempel herrschte gespannte Stille. Yuz saß unbeweglich und mit starren Zügen aber aufrechtem Kopf auf dem Schrein, die vier vor ihm stehenden roten Öllampen warfen rotes Licht auf seinen Körper, er sah aus wie die Amitābha-Figur, die man seit Tagen im alten Tempel besichtigen konnte, die verschränkten Beine die Handhaltung: beide Hände im Schoß, die rechte Hand in der Linken, die Daumen leicht abgeknickt, ihre Spitzen berührten einander, alles genauso, wie bei der Rūpa, die Yuva geschnitzt hatte.

Yuva hatte noch einige Minuten nachdem Amita gegangen war abgewartet und sagte dann: „Gehen wir zum Gasthof!” So geschah es, es wurde dann aber nicht das fröhliche Feiern des neuen Tempels, denn es lag eine gewisse gereitzte Spannung in der Luft, man fragte sich: „Meditiert er noch – oder...”

Amita saß fast zwei Stunden am See. Dann ging sie zurück in den Steinernen Tempel. Sie stand vor dem Schrein. Sie legte eine Hand auf sein Knie, es fühlte sich so anders an als sonst. Tränen liefen über ihre Wangen. Aber es waren keine Tränen der Trauer darüber, dass sie nunmehr allein war. Sie sagte leise: „Und ich hatte so gehofft, dass du dein Ego inzwischen ganz überwunden hast!”

Dann hörte sie Schritte, es war Raj. Er ging auf sie zu, umarmte sie. Auch er hatte Tränen in den Augen. Er sagte zu ihr: „Jetzt bist du unsere ganze Hoffnung! Du bist alles was wir haben.”

Sie strich ihm zärtlich über den Kopf: „Nein, Raj, das stimmt nicht: die Metta-Sangha ist unsere ganze Hoffnung. Wir haben uns – uns und unser Vertrauen in den Dharma. Der Dharma ist unser Lehrer.”

Dann lösten sie die Umarmung. „Du berufst für morgen Vormittag eine Ratssitzung ein, Raj?” der nickte. Dann ging Amita nach Hause und holte sich eine Decke, sie ging zurück zum Seeufer, sie wollte diese Nacht nicht im Haus, nicht im Ehebett, schlafen.


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Fußnoten

1 Dieses Mantra gilt seitdem als Mantra Amitābhas.

2 Sir Francis Younghusband, britischer Gouverneur in Kaschmir von 1909-1911 schreibt „Es lebte in Kaschmir vor 1900 Jahren ein Heiliger mit dem Namen Yus Asaf, der in Gleichnissen predigte, und viele der Gleichnisse gebrauchte, die wir von Christus kennen, wie etwa das vom Sämann. Sein Grab ist heute in Srinagar, und die Theorie des Gründers der Quadani-Sekte lautet, daß Yus Asaf und Jesus ein und dieselbe Person sind. (Quelle: Francis Younghusband: Kashmir, London 1909; zitiert nach Siegfried Obermeyer: Starb Jesus in Kaschmir? Goldmann Buch 12359, S.181)



Erläuterungen

Abba Wenn Jesus Gott anbetete, verwendete er dieses aramäische Wort für „Vater„. Er nahm nicht die Anrede JHWH, die im Tenach verwendet wurde. Während JHWH den alttestamen­tarischen strengen Gott, der ursprünglich der Kriegsgott der Juden war, bezeichnet, interpretiert Jesus das Göttliche neu und sieht darin eine milde, verständnisvolle und unterstützende Vaterfigur.

Ākāśaloka – ākāśa = blauer Himmel, Weltraum, Universum; loka = Ort, Lokalität; dann bedeutet also ākāśaloka = “Himmelsort”, “himmlischer Ort” oder eben “Ort des himmlischen Friedens”. In dieser Erzählung heißt, das Pflegeheim und Krankenhaus so.

Akṣobhya – einer der fünf Buddhas im Mandala der fünf Jinas (Buddhas), indem wir das, was Buddhaschaft ausmacht in ihren wichtigsten fünf Teilaspekten darstellen. Akṣobhya („Der Unerschütterliche“) wird dabei als blauer Buddha dargestellt, der für Unerschütterlichkeit steht. Er wird mit der Erdberührungsgeste dargestellt (die rechte Hand berührt die Erde), was daran erinnert, dass der spätere Buddha kurz vor seiner Erleuchtung Mutter Erde als Zeugin für seinen rechten Wandel berief.

Amitābha – ein nicht-historischer Buddha, häufig wird der historische Buddha zu Meditationszwecken in fünf verschiedene Figuren aufgespalten, um einzelne Aspekte von Buddhaschaft zu betonen, hierbei steht Amitabha für mettā (allumfassende Liebe) und Gnade. Amitabha ist auch einer der fünf Jinas (Aspekte Buddhas), der im Osten des Mandalas der fünf jinas dargestellt wird.

Amoghasiddhi – ein nicht-historischer Buddha, ein Archetyp, der im Mandala der fünf Jinas (Aspekte Buddhas) im Norden dargestellt wird. Seine Haut­farbe ist grün, er gehört zur Karma-Familie, sein Name bedeutet „vollständiges Gelingen“ und er wird üblicherweise mit der Geste der Furchtlosigkeit (abhaya-mudra) dargestellt.

Bhārat Gaṇarājya – (Sprache: Hindi) indische Bezeichnung für Indien

Dharma – hier gewöhnlich die Bezeichnung für die Lehren des Buddha und seiner Schüler. Das Wort bedeutet Wahrheit, (Natur-)Gesetz, Wissenschaft, Lehre.

Fakir - Der Ausdruck wird für heimat- und besitzlos umherwandernde Hindu-Asketen verwendet, die ihre teilweise bizarren Künste vor Publikum demonstrieren, z.B. wie sie scheinbar ohne sichtbare Schmerzen Dinge tun, die normalerweise überaus peinvoll sind. (Im isalmischen Sufismus ist der Begriff anders besetzt.)

Grüne Tārā – Bodhisattva, die für grenzenloses Mitgefühl zu allen Wesen steht. Sie wird immer sitzend dargestellt, im Begriff aufzustehen, um den leidenden Wesen aktiv zu helfen, ihre rechte Hand zeigt die Geste der Wunschgewährung. Sie hat grüne Haut, denn sie gehört zu einer Gruppe von grünen Wesen, genannt die Karmafamilie. Neben der Grünen Tārā gibt es noch 20 weitere Tārās, die Grüne Tārā ist aber die bekannteste davon. Ihr Bild ziert unseren Meditationsraum in Gelnhausen.

Karma – im Buddhismus jede absichtlich ausgeführte Handlung. Es wird davon ausgegangen, dass Handlungen Folgen haben, die (auch) auf den Verursacher zurückwirken. Im Hinduismus hingegen wird meist davon ausgegangen, dass es karmisch heilsam sei, sich an die Regeln und Beschränkungen seiner Kaste zu halten und die Brahmanen (bezahlte) Opfer für einen bringen zu lassen.

Katriya (Sanskrit: क्षत्रिय) höchste indische Kaste, umfasst Adel, Krieger, Beamte

Mettā (Pali) eine sehr positive Emotion: Wohlwollen, Zuneigung, (nichterotische) Liebe, oft als „liebende Güte“ übersetzt. Mitunter wird sie auch als „Allgüte“ bezeichnet, denn mettā soll allen Wesen in gleicher Weise entgegen gebracht werden. Es ist das, was beispielsweise Jesus meint, wenn er sagt, man solle nicht nur seinen Nächsten lieben wie sich selbst, sondern sogar seinen Feind

Mettā Bhāvanā – Meditation zur Schaffung von Bedingungen damit mettā entsteht, normalerweise in fünf Phasen geübt (1) mettā für sich selbst, (2) für einen guten, edlen Freund/Freundin, (3) für eine neutral besetzten Person, (4) für eine schwierige Person (Feind) und (5) für allen fühlenden Wesen.

Mettā-Sangha – Bezeichnung für die von Yuz und Amita gestiftete Spirituelle Gemeinschaft

Muditā – Mitfreude, eine der fünf göttlichen Geisteszustände (wie auch mettā)

Rājā – Herrscher, mitunter als „König“ übersetzt. Die Rājās von Shakya, dem Kleinstaat aus dem der Buddha stammt, wurden aber beispielsweise vom Adel gewählt. Ähnliches galt damals in vielen dieser kleinen Staaten, es gab also teilweise monarchische, teilweise republikanische Verhältnisse – und auch Mischformen.

Rūpa – Form, Körper, auch die Bezeichnung für eine Buddhafigur; eines der fünf khandhas (Bestandteile eines Menschen)

Sangha – spirituelle Gemeinschaft, hier besonders für die Gemeinschaft der Schülerinnen und Schüler des Buddha. Zur Sangha in engeren Sinn gehören nur Mönche und Nonnen, zur Sangha im engsten Sinn nur Erleuchtete.

saṅkhāra – „'Formation', Karmaformation, Gestaltung, Bildung, geistiges Gestalten. Das in karmischer Willenstätigkeit bestehende Gestalten“ (aus: Buddh. Wörterbuch); meist hilft in der Praxis der Begriff „Willensimpulse“ als Übersetzung weiter. Es ist aber nicht nur das Gestalten, sondern auch das Gestaltete; eines der fünf khandhas (Bestandteile eines Menschen)

saññā – Wahrnehmung (sehen, hören, tasten, riechen, schmecken, denken); eines der fünf khandhas (Bestandteile eines Menschen)

Schrein – entspricht in Asien in etwa einem Altar

Uposatha – heißt wörtlich Fastentag. Alle sieben Tage ist Fastentag: bei Neumond, bei Vollond und bei Halbmond (es galt der Mondkalender). An diesen Tagen waren die Laienanhänger der Jains dazu aufgerufen zu leben wie die Mönche an den übrigen Tagen, die Mönche aber fasteten. Die Regeln bei den Buddhisten sind anders, dort sollen zwar die Laien auch enthaltsam leben und auf alle Unterhaltung (Musik, Gesang, Theater) verzichten. Die Mönche machen an diesem Tag das “Eingeständnis von Fehlern”, eine Art Beichte.

vedanā – „Gefühlstönung, Empfindung“, diese kann positiv, negativ oder neutral sein. Vedanā ist eine der fünf notwendigen Bedingungen, damit eine Sinnenwahrnehmung stattfindet; eines der fünf khandhas (Bestandteile eines Menschen)

viññāna Bewusstsein, eines der fünf khandhas (Bestandteile eines Menschen


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