Horst, der Mensch: Der verschlungene Pfad in Richtung eines Lebens zum Wohl aller Wesen – Geschichte eines europäischen Buddhisten - Stand 3.2.2020

Szene 099 – Kriegsdienstverweigerung (1970 -1974)



Schon mit der Muttermilch hatte ich den Pazifismus aufgesogen. Bei meiner Geburt war Deutschland noch von der – damals meist verdrängten – Nazidiktatur und vom Krieg gezeichnet. Nie wieder Krieg! - das war der größte Wunsch, der auch mich umhertrieb. Doch meine Überzeugung war nicht in erster Linie vergangenheitsbezogen, nicht in erster Linie von dem geprägt, was im Zweiten Weltkrieg geschah.

Inzwischen war der sog. Kalte Krieg ausgebrochen und sowohl die USA als auch die Sowjetunion betrieben die atomare Aufrüstung. Schon gab es die „Overkill-Kapazität“, was bedeutete, dass ein uneingeschränkter atomarer Schlagabtausch rechnerisch mehr Menschen das Leben kosten würde, als die gesamte Bevälkerungszahl der Welt betrug. Gegen diesen Wahnsinn aufzustehen, war das Gebot der Stunde. Ich ging als Jugendlicher zu den Ostermärschen und engagierte mich gegen den Vietnamkrieg, arbeitete an Infoständen in Großauheim mit. Und selbstverständlich war der sog. Wehrdienst, den wir Kriegsdienst nannten, keine Option.

Damals mussten alle jungen Männer mit 18 Jahren - respektive nach dem Abi oder der Berufsausbildung - zur Bundeswehr. Allerdings gab es das im Grundgesetz festgeschriebene Recht, den Kriegsdienst „mit der Waffe“ abzulehnen. Kriegsdienstverweigerer wurden damals nicht zum 15-monatigen „Wehrdienst“ eingezogen, sondern zu einem 18-monatigen Zivildienst, der zunächst noch Wehrersatzdienst hieß. Voraussetzung war allerdings, dass man als Kriegsdienst-verweigerer anerkannt wurde. Die Verweigerung des Kriegsdienstes war nämlich nur aus „Gewissensgründen“ erlaubt. Angst, im Krieg verheizt zu werden, oder politische Gründe waren nicht ausreichend, um anerkannt zu werden. Also musste eine Gewissensprüfung vorgenommen werden, und zwar durch einen „Prüfungsausschuss für Kriegsdienstverweigerer“.

Zunächst wartete ich jedoch die „Musterung“ Anfang Januar 1970 ab. Das war eine Gesundheitsuntersuchung, die von den Kreiswehrersatzämtern durchgeführt wurde. Da ich bereits seit 15 Jahren kränklich war, meine Allergien galten manchmal als Asthma manchmal als chronische Erkrankung, war ich zuversichtrlich „ausgemustert“ zu werden, was bedeutet, dass ich nicht zum Wehrdienst müsste. Hätte ich meinen Kriegsdienst-verweigerungsantrag zuvor gestellt, so wäre ich dennoch zivildienstpflichtig gewesen. Wenn man allerdings ausgemustert wird, ist man nicht wehrfähig und musste daher auch keinen Wehrersatzdienst leisten. Zu meiner Verwunderung galt ich jdoch als „voll tauglich“, hätte also sogar zu den Fallschirmjägern gehen können, für die die gesundheitlich höhsten Anfordeungen galten.

Unmittelbar nach der Musterung erklärte ich also, den Kriegsdienst zu verweigern. Ich ging danach auch einmal zur Beratung der DFG/VK (Deutsche Friedensgesellschaft/ Vereinigte KriegsdienstgegenerInnen). Ich musste jedoch feststellen, dass die dort über das Kriegsdienstverweigerungsverfahren schlechter informiert waren als ich selbst. Also vertraute ich darauf, das Verfahren allein durchzustehen.

Der Prüfungsausschuss prüfte das Gewissen, indem er nach den Gründen der Verweigerung fragt. Um keine standardisierten Antworten zu bekommen, wurden dann Fälle konstruiert und der Prüfling musste sagen, wie er dann handeln würde. Ein typische Beispiel ist: „Ein Verbrecher überfällt Ihre Familie und erklärt, alle zu töten, zuvor aber will er ihre Schwester vergewaltigen. Er reißt ihr die Kleider vom Leibe, zuvor hat er seine Pistole aus der Hand gelegt. Sie könnten sie mühelos ergreifen, was tun Sie?“ Wenn man in diesm Fall antwortet, man versuche gütlich auf den Täter einzureden, gilt das als unglaubwürdig, wenn man sagt, man würde ihn erschießen ist das glaubwürdig und kollidiert nicht mit dem Vorsatz den Kriegsdienst zu verweigern.

Ich ging also im Juni 1970 zu meiner Gewissensprüfung, die im Hanauer Landratsamt abgehalten wurde, und zwar in genau dem Raum, in dem ich später (ab 1985) als Kreistagsabgeordneter an Ausschusssitzungen teilnahm. Es gab einen dreiköpfigen Prüfungsausschuss. Der Vorsitzende des Ausschusses, der die Befragung leitete, war mir unbekannt. Außerdem waren da zwei Beisitzer, einer von ihnen in Uniform, vermutlich ein Offizier, der das Protokoll führte, ein weiterer war vermutlich der Vertreter der Kirchen, und den kannte ich, er war CDU-Abgeorneter in Großauheim und in der Großauheimer August-Gaul-Schule nicht nur Rektor, sondern zwei Jahre lang auch mein Religionslehrer gewesen: Rektor Runde (vgl. Szene 031 – Jesus in der Grundschule). Er sagte während der ganzen Prüfung nichts, lächlte mir aber die ganze Zeit güttig zu. Das ist für einen Vertreter der Kirche durchaus angemessen und ich empfand es auch als wohltuend.

In der Prüfung gab ich als Gewissensgrund meine Orientierung am Kategorischen Imperativ von Immanuel Kant an: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ Der Vorsitzende bat mich dies zu erläutern, was ich tat, somit war der erste Teil der Gewissensprüfung glaubhaft abgeschlossen. Nun kam die eigentliche Herausforderung, die Überprüfung an einem theoretischen Fall, hier war es wichtig klar zu antworten und keine Ausflüchte zu suchen.

Der Vorsitzende konstruierte folgendes Beispiel: „Stellen Sie sich einmal vor, Herr Gunkel, also nur mal so angenommen, sie sind hier im Wald spazieren und da kommt ein Bomber und – nur mal so angenommen – sie wüssten hundertprozentig sicher, dass der eine Atombombe an Bord und sie hier auf Hanau werfen wird. Zufällig steht da neben ihnen so ein FLAK-Geschütz und sie wüssten – also nur mal so angenommen -, wie man das bedient. Was würden sie machen. Also, dass das klar ist: entweder sie schießen den ab, oder er wirft eine Atombombe auf Hanau.“

Das Beispiel war natürlich abstrus. Es war aber klar, dass ich keine Ausflüchte machen durfte. Mich jedoch ritt der Schalk und mein – damals noch besonders ausgeprägter – Wunsch zur Provokation, gerade im Angesicht dieses Bundeswehroffiziers vor mir, dieses Vertreters der von mir abgelehnten Kalte-Kriegs-Partei NATO, schlug durch. Also sagte ich: „Es handelt sich offensichtlich um das, was die NATO für den Fall eines begrenzten sowjetischen Angriffs für Tag 2 des Krieges plant, das ist ja in der Fachpresse vor einem halben Jahr zu lesen gewesen. Die Nato plant den sowjetischen Panzervorstoß dadurch zu stoppen, dass sie alle relevanten Ziele im Vorstoßraum der sowjetischen Truppen durch Nuklearexpolsionen zum stoppen zu bringen, und zwar entweder durch Atomminen oder durch einen Einsatz amerikanischer luftgestützter Atomwaffen. Ich würde also selbstverständlich an das FLAK-Geschütz gehen und den Scheiß-Ami abschießen.“

Der Offizier schaute entsetzt – den Amerikaner abschießen! Rektor Runde lächelte mich weiter fröhlich an: ja so kannte er den kleine Horst, immer sehr unkonventionell und provokativ. Der Vorsitzende schluckte, nahm es aber sportlich: diese Antwort war mit Sicherheit ehrlich, auch der Ehrlichkeitstest war bestanden.

Nun sollte nur noch der Offizier das Protokoll verlesen. Zum letzten Teil stand nur „Ehrlichkeitstest: glaubhaft nachgewiesen“. Allerdings hatte ich einen Einwand zum ersten Teil, der Angabe der Gewissensprüfung. Mein zentrales Argument, die Berufung auf den Kategorischen Imperativ, fehlte. Der müsse aber dort rein. Der Offizier machte Ausflüchte. Ich bestand darauf, sonst würde ich das Protokoll nicht unterschreiben. Nun wurde der Offizier etwas kleinlaut, aber ehrlich: „Na gut, aber sagen Sie, wie schreibt man das: katho-lo-gischer-Imperativ?“ Ich hab´s ihm gesagt.

Damit war zwar die Gewissensprüfung bestanden, aber es ging darum, auch eine Zivildienststelle zugewiesen zu bekommen. Dafür war damals das Bundesverwaltungsamt in Köln zuständig. Ich schrieb die an, teilte ihnen mit, wann ich Abi mache, und dass man mir bitte für unmittelbar danach eine Stelle zuweisen solle, damit ich nicht unnötig Zeit verlöre oder gar mein Studium unterbrechen müsste. Man antwortete mir jedoch, man würde sich bemühen, besser wäre es jedoch, ich würde selbst nach einer Stellle suchen und dies im Erfolgsfalle dem Amt mitteilen.

Also bemühte ich mich darum. Im Hanauer Altersheim „Martin-Luther-Stift“ hatte ich Erfolg, Man wäre bereit, mich unmittelbar nach dem Abi als Zivildienstleistenden anzunehmen. Ich teilte dies dem Bundesverwaltungsamt mit, und dachte, dies nähme jetzt seinen Lauf. Nahm es aber nicht. Im Juni 1971 machte ich Abi und wartete noch immer auf den Bescheid, ich mahnte ihn an. Den Sommer 1971 verbrachte ich am Kahler See, volle zehn Wochen lang, wovon ich an anderer Stelle berichten werde. Das Bundesverwaltungsamt jedoch meldete sich nicht. Im September begann ich im Selbststudium Französisch und Chinesisch zu lernen, schließlich wollte ich Sinologie studieren.

Im Oktober jedoch wurde es meiner Mutter zu bunt mit der Warterei, sie war immer für besondere Effizienz und Leistung, worunter ich mitunter sehr zu leden hatte. Für das, was sie jetzt tat, bin ich ihr jedoch ungeheuer dankbar. Es war in der zweiten Oktoberwoche 1971. Sie rief in der Uni an und erfuhr, dass in der nächsten Woche das Semester begann, ja, noch könne man sich einschreiben. Also fuhr sie mit mir am Freitag vor Semesterbeginn in die Uni und ging mit ins Sekretariat. Einerseits war es mir unendlich peinlich, von der „Mama“ in der Uni angemeldet zu werden, aber es war mit Sicherheit das beste, was sie tun konnt. Ich aber nahm mir vor, nie wieder die Sachen so schleifen zu lassen und mein Leben künftig selbst aktiv zu gestalten. Am kommenden Montag nahm ich mein Studium auf. Immatrikuliert war ich für Sinologie und Volkswirtschaftslehre (vgl. Szene 032 RotZWirt).

Was allerdings immer noch nicht geregelt war, war die Sache mit den Zivildienst. Meine Mutter sagte: „Viellecht haben die dich einfach vergessen. Warten wir´s ab. Handeln müssen wir erst, wenn die sich melden.“ Ich sagte mir, das sei vielleicht das beste. Aber handeln werden dann nichT „wir“, sondern handeln werde dann „ich“. Nie wieder werde ich mich so anstellen, dass ich aktive mütterliche Hilfe brauche.

In der Tat meldete sich das Bundesverwaltungsamt zunächst nicht und ich konnte mein Studium beginnen. Den Vorschriften entsprechend kann mich diese Amt ab dem 4. Semster nicht mehr aus dem Studium nehmen, wenn sie bis dahin nicht gehandelt haben. Zu Beginn des dritten Semesters aber bekam ich die Anweisung zum Dienstantritt – allerdings nicht im Martin_Luther-Stift, sondern an einem ganz anderen Ort. Das hätte bedeutet, dass alle Scheine, die ich an der Uni gemacht hatte, verfallen wären, denn dort hatte man gerade eine neue Prüfungsordnng zur Straffung des Studiums installiert.

Ich las wieder Bestimmungen und Verordnungen und mir kam die Idee, dass ich mich nachmustern lassen könne. Da seit der Musterung eine lange Zeit vergangen war, war das möglich. Und inzwischen war auch nicht mehr das Kreiswehrersatzamt zuständig, denn es ging nicht mehr um die Bundeswehr, sondern das Kreisgesundheitsamt. Ich beantragte also eine Nachmusterung beim Gesundheitsamt. Ich hatte furchtbare Angst, dass auch das wieder schief ginge. Vorsichtshalber nahm ich eines der Beruhigungsmittel, die ich damals immer vor meinen Stiefokursen (vgl.Szene 013 Helmut Stief) nahm, und sicherheitshalber die doppelte Dosis. Das hatte allerdings den Vorteil, dass ich auf dem Weg zum Gesundheitsamt ein parkendes Auto leicht rammte. Ich befestigte einen Zettel mit meinen Daten an der Scheibe und dem Hinweis, ich sei in Eile, da ich einen wichtigen Termin habe.

Auch das Gesundheitsamt fand keine gesundgheitlichen Probleme, außer einer Mischung aus Lethargie (aufgrund des Medikamentes) und Aufgeregtheit. Der Amtsarzt fragte mich, was los sei.

Ich habe auf dem Weg hierher ein parkendes Auto gerammt und einen Zettel an die Scheibe gemacht mit meinen Daten. Habe jetzt aber Angst, dass der Besitzer mit meinen Daten zur Polizei geht und das als Unfallflucht anzeigt, daher habe ich vorsichtshalber zwei Miltaun geschluckt.“

Der Amtsarzt sah mich an, dann sagte er: „Nein, es war anders. Sie hatten schon vorher Angst vor disem Termin hier, haben dann Tabeletten geschluckt und deswegen ein Auto gerammt.“ Ich gestand es ein.

Ja, was machen wir den mit Ihnen. Körperlich sind sie gesund, aber...“ Der Assistenzarzt mischte sich ein: „Sie haben so etwas wie Schwangerschaftsstreifen am Bauch, wie kommt das?“ Ich erklärte, dass ich vor einiger Zeit stark abgenommen hätte, über 30 kg, inzwischen aber wieder sehr zugenommen. (vgl. Szene 047 – War das ein Suizidversuch?)

Warten Sie mal, da haben wir doch auch etwas“, sagte der Amtsarzt, dem gerade eine Idee gekommen war, wandte sich an den Asisstenzarzt und wies ihn an in einer Loseblattsammlung nachzuschlagen, da gäbe es etwas über psychische Probleme und radikale Gewichtsschwankungen.

In der Tat bekam ich sowohl eine Bescheinigung physisch gesund zu sein, es könnten jedoch psyschiche Störungen vorliegen, daher müsste ich einer psycholgischen Begutachtung in Offenbach unterzogen werden.

Ich witterte Morgenluft. Psychologie war so etwas wie mein Steckenpferd damals. Ich hatte eine Menge darüber gelesen und auch die Psychologie-AG am Gymnasium besucht. Wenn es mir gelänge, meine Angaben so zu machen, dass ich eine Störung vortäuschen könnte, dann käme ich um den Zivildienst herum!

Bald darauf fand ich mich also in der Praxis des Psychologen in Offenbach ein. Dort ging es jedoch anders zu als ich erwartet hatte. Es waren sehr viele Menschen in der Praxis, mehrere Arzthelferinnen und zahlreiche Messinstrumente. Zunächst aber ging es zu einem Standardtest. Es war der Rorschachtest, in dem einem Tintenklekse vorgelegt werden, die man interpretieren muss. Das war einfach: ich brauchte nur ein bestimmtes neurotisch wirkendes Muster in meinen Interpretationen, am besten gepaart mit infantiler Regression. Also witterte ich über all feindliche Katzen, von diesen bedrohte Meerschweichen (vgl. Szene 005 – Himbi Moloch) und sah ansonsten Figuren aus Grimms Märchen.

Anschließend ging es zum EEG, Hirnströme messen. Es wurden acht Elektroden an meinem Kopf befestigt. Das war bedrohlicher als der Rorschachtest. Wie könnte ich elektronisch messbare Hirnströme in absurder Forn vortäusche?. Als die Arzthelferin mir sagte, ich solle ganz ruhig und entspannt dasitzen kam mir ein Gedanke. Und die Umsetzung wurde dadurch begünstigt, dass die Arztheferinnen mit allem anderen beschäftigt waren und mich nicht kontrollieren konnten.

Vorsichtshalber kombinierte ich verschiedene Maßnahmen, ohne sicher zu sein, welche genauen Auswirkungen diese haben. Aber eine oder mehrere würden sicher greifen. Das erste, was ich tat, war extreme Muskelanspannung, schließlich war ich angewiesen worden, ruhig und entspannt zu sitzen und da jeder Muskel einen Antagonisten hat, kann man Muskeln auch mit minimaler Bewegung anspannen. Das zweite war Hyperventilation: durch rasches und tiefes Ein- und Ausatmen konnte ich eine Sauerstoffvergiftung erzeugen, dazu kam, dass ich nach jedem Ausatmen heftig mit der Faust, die war sowieso wegen der Muskelanspannung einsatzbereit, auf den Knorpelfortsatz am unteren Ende des Sternums, des Brustbeins, schlug. Ich war dabei beständig dem Umkippen nah, jedoch kanpp darunter. Zusätzlich versuchte ich noch mein Hirn mit absurden Gedanken zu reizen, die bedrohliche Situationen durchspielten (Ich bei Indianern am Marterpfahl, die Arzthelferinnen als tanzende und strippende Squaws).

Es schien funktioniert zu haben. Der Arzt rief zwei Asisstenten zu sich. So etwas habe man noch nie gesehen, alle acht Ableitungen schlugen so stark aus, dass teilweise gar nicht mehr festzustellen war, was zu welcher Linie gehörte. Ob das Messfehler sein konnten? Nun, der Rohrschachtst bestätigte eine Anomalie. Und so kam es, dass ich zwar physisch wehrdienstfähig war, aber aus psychischen Gründen nicht zivildiensttauglich. Man ermahnte mich unbedingt rasch professionelle Hilfe aufzusuchen, in solch extremen Fällen würden das die Krankenkassen zu 100% übernehmen. In zwei Jahren müsste ich zur Nachuntersuchung wiederkommen Das alles jedoch interessierte mich nicht mehr. Das für mich Entscheidende war: ich konnte nicht aus dem Studium geholt werden.

Zwei Jahre später bekam ich ein Anschreiben des Gesundheitsamtes: Ich habe mich wieder in Offenbach zur Untersuchung einzufinden. Inzwischen jedoch war die Situation eine völlig andere für mich: die Sache mit dem Zivildienst drohte nicht mehr, da war ich inzwischen ausgemustert. Aber ich wollte in absehbarer Zeit in den Staatsdienst und dazu brauchte ich eine Bescheinigung des Gesundheitsamtes. Also musste die Psychomacke aus den Akten heraus. Ich fand mich also wieder bei dem Offenbacher Gutachter ein. Man machte wieder ein EEG, wobei ich mich diesmal so verhielt, wie es gefordert war. Auch beim Rorschachtest diesmal nicht mehr Grimms Märchen, keine feindlichen Katzen, keine bedrohten Meerschweinchen, sondern Assoziationen, die dem statistischen Mittelwert entsprachen.

Dann die Nachbesprechung beim Arzt. Dieser sah sich die Unterlagen an, verglich sie mit denen von vor zwei Jahren, war im höchsten Maße verwundert. Dann aber kam eine Frage, mit der ich nun wirklich nicht gerechnet hatte. „Herr, Gunkel, das ist ja sensationell, solch ein völliger Heilungserfolg in nur zwei Jahren ist ja fast unglaublich! Sagen Sie mal: wo waren Sie denn in Behandlung?“

Diese Frage erwischte mich jetzt jedoch eiskalt. Ich hatte schlicht keine mögliche Antwort vorbereitet. Dennoch habe ich unverzüglich geantwortet: „Ich war nirgendwo in Behandlung. Ich habe mit autogenem Training begonnen und bin dann zu verschiedenen asiatischen Meditationstechniken übergegegangen.

Merkwürdigerweise immer wieder diese Verweis auf Meditation im meinem Leben, dies trat schon in vielen der hier berichteten Szenen auf. Obwohl ich bis dahin eigentlich keine bewussten Meditationserfahrungen hatte, niemals gezielt meditiert hatte, jedenfalls nicht in diesem Leben.


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