Horst, der Mensch: Der verschlungene Pfad in Richtung eines Lebens zum Wohl aller Wesen – Geschichte eines europäischen Buddhisten - Stand 30.1.2020

Szene 090 – Krise in der Habsburger - 2007



Im Jahre 2004 hatte ich die Stufe 3 meines 4-Stufenplanes (vgl. Szene 057 – Der 4-Stufen-Plan) zur Etablierung eines Zentrums der FWBO, der Freunde des Westlichen Buddhistischen Ordens, in der Frankfurter Habsburgerallee gestartet (vgl. auch Szene 074-Habsburger). Nachdem es sich in der ersten Zeit (Ende 2004) mühsam entwickelt hatte, liefen die Meditationsabende im Jahre 2005 besser, ich bot jetzt auch weiterführende Kurse an. Im Jahr 2006 lief es sogar so gut, dass einzelne Kurse wegen starker Nachfrage geteilt werden mussten.

So kam es, dass ich zu Beginn des Jahres 2007 erwog, ob es nicht Zeit sei, die Stufe 4 des 4-Stufen-Planes zu zünden: weg aus der Wohnung mit Meditationsraum und stattdesen Anmietung von Geschäftsräumen für ein eigenes Zentrum. Ich kommunizierte diese Idee auch unseren Teilnehmern, deren Begeisterung sich allerdings etwas in Grenzen hielt. Das kann einerseits daran gelegen haben, dass sich diese Leute in unserer gemütlichen kleinen Nische des Meditationsraums im 6. Stockwerk eines Frankfurter Hochhauses angenehm eingerichtet hatten und keinerlei Änderung wollten. Es ist aber auch durchaus möglich, wie mir später Ordensmitglieder zu bedenken gaben, dass diese vor allem befürchteten, es würden von ihnen deutlich höhere Spenden erwartet, um das neue Buddhistische Zentrum zu finanzieren. Auf jeden Fall aber war dadurch eine latente Verunsicherung in die Gruppe gekommen. (Das Bild zeigt die Aussicht aus unserem Meditationsraum).


Dies war mit Sicherheit nicht der Auslöser der Krise, in die unsere FWBO-Gruppe in Frankfurt kam, aber vermutlich hat dieser Faktor in gewissen Sinne zu dem beigetragen, was kurz darauf folgte.

Üblicherweise fanden unsere Veranstaltungen nur außerhalb der hessischen Schulferien statt, denn in den Schulferien war ich entweder auf Retreat oder in Einzelklausur oder aber im Urlaub. Im Jahr 2007 aber klagten unsere Stammgäste darüber, dass eine Zeit von sechs Wochen während der Sommerferien ohne Veranstaltung deutlich zu lang sei und sie überlegten, sich irgendwo anders zu treffen. Ich sagte, sie könnten sich ruhig hier treffen, ich würde die Schlüssel einer von ihnen geben und sie könnten sich dann wie üblich im Meditationsraum zum Meditieren und zum Gedankenaustausch treffen. Dass damit das Verhängnis seinen Lauf nahm, wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Leider stieß eine dieser Personen just in den ersten Tagen der Sommerferien im Internet auf einen Artikel, in dem es um einen Sexskandal aus dem 70er Jahren ging, in dem der Ordensgründers von FWBO eine unrühmliche Rolle spielte. Und natürlich wurde dies am ersten Donnerstag, am ersten Meditationsabend, bei dem ich nicht anwesend war, thematisiert. Ich hatte keine Chance auf den Gang der Diskussion Einfluss zu nehmen, denn ich war nicht da und wusste nichts von dem, was sich da zusammenbraute. Aber nachdem dies angestoßen war, hatten natürlich bis zur nächsten Woche alle TeilnehmerInnen diese Webseite gelesen und natürlich weitere Webseiten dazu, in denen teilweise auch Halb- und Unwahrheiten verbreitet wurden. So nahm die Diskussion ihren verhängnislosen Verlauf.

Als ich nach den Ferien wieder auftauchte, sah ich mich mit allerlei Vorwürfen konfrontiert. Natürlich gab es erhebliche – und teilweise auch nicht ungerechtfertigte – Kritik am Verhalten unseres Ordensgründers 30 Jahre zuvor. Aber nicht nur dieser wurde jetzt hinterfragt, sondern die ganze Organisation von FWBO, plötzlich stand alles und jedes unter Generalverdacht. Auch mein Verhalten wurde plötzlich in einem völlig anderen Licht gesehen.

Ich versuchte, die Thematik zu relativieren, indem ich alle zu einer gemeinsamen Aussprache bat, hier jedoch schlug mir plötzlich Ablehnung entgegen und offensichtliche Missverständnisse wurden aufgetischt.

Ich hatte zum Beispiel einmal erwähnt, dass die Waschmaschine in meiner Wohnung nur kalt wäscht, was ich dann eben so akzeptiert hätte. Jetzt wurde mir vorgeworfen ich würde mich damit „brüsten, nur kalt zu waschen“ um mein vermeintliches Asketentum hervorzukehren.

Ein anderes Beispiel. Als mir einer unserer erfahrensten Teilnehmer einmal gesagt hat, wie sehr er mich schätze und verehre, wie sehr er zu mir aufblicke, habe ich abgewiegelt: es gäbe horizontale Freundschaften unter Personen ähnlicher spiritueller Erreichungen und vertikale Freundschaften, zwischen spirituell weniger und deutlich höher entwickelten Personen. „Ich sehe unsere Freundschaft eher als eine horizontale und weniger stark als eine vertikale“, hatte ich ihm daraufhin gesagt. Jetzt wurde mir vorgeworfen, ich hätte zugegeben, spirituell überhaupt nicht weiter zu sein, sondern „nur“ horizontale Freundschaft bieten zu können, damit hätte ich ihn maßlos enttäuscht. Und obwohl ich versuchte meine deutlich nuanciertere Bewertung zu erläutern, beharrte diese Person im Laufe der Diskussion noch zweimal auf seiner Fehleinschätzung meiner Äußerung.

Das Ergebnis dieser Auseinandersetzung war eine Abwanderung der meisten bisherigen TeilnehmerInnen unserer Meditationsabende. Und da die übrigen Stammgäste eher zu meinen aufbauenden Kursen als zu den Offenen Meditationsabenden donnerstags kamen, waren dann nur noch zwei oder drei Leute da. Wenn jetzt eine neue Person dazukam, so erschien sie nur einmal und kam nicht wieder, weil sie fürchtete, sonst vielleicht mit mir allein dazusitzen.

Ich stellte die anderen Kurse ein und sagte, ich würde weiterführendes Material jetzt in die Offenen Abende donnerstags einbringen, um zu vermeiden, dass wir unter die kritische Grenze von durchschnittlich sechs TeilnehmerInnen kamen. Leider nahmen nicht alle bisherigen Anhänger unserer Aufbaukurse dies wahr. Nicht nur dass damit der Übergang zur 4. Sufe des 4-Stufenplanes obsolet war. Ich musste Anfang 2008 sogar feststellen, dass das Projekt FWBO-Frankfurt und mein 4-Stufen-Plan gescheitert war.

rupaEine der regelmäßigen Kursteilnehmerinnen frug mich dann, warum ich nicht einfach eine kleine Meditations- und Dharmagruppe in Gelnhausen aufbauen würde. Mir selbst war dieser Gedanke auch schon gekommen, ich hatte ihn jedoch als zu wenig ambitioniert verworfen. Aber jetzt, wo Sabine ihn aufgebracht hatte, dachte ich erneut darüber nach. Im Sommer 2008 begann ich mit der Suche nach einem geeigneten Meditationsraum in Gelnhausen und im April 2009 wurde ich fündig. Mein 4-Stufen-Plan war gescheitert, aber ich war jetzt bereit, kleinere Brötchen zu backen und ein „Projekt auf Zeit“ (Szene 098) für Gelnhausen in Angriff zu nehmen.

Und das Wundersame geschah: Kaum hatte ich das „Projekt auf Zeit“ in Gelnhausen im August 2009 gestartet, waren plötzlich die AnführerInnen des „Aufstandes“, der Krise in der Habsburger, wieder da und wurden Träger dieses Neuanfanges – und das obwohl sie jetzt statt weniger als 10 Kilometer in der Stadt über 50 km mit Öffentlichen Verkehrsmitteln aufs Land nach Gelnhausen zurücklegen mussten.

Mitunter frage ich mich, ob da vielleicht eine andere Macht ihre Finger im Spiel hatte. Und so entstand der „Mythos von der Gelnhäuser Rupa“ (vgl. Szene 20).


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